Lasse Lührs 2024

Lasse Lührs hat sich seinen Traum von Olympia erfüllen können

Lasse Lührs nächstes Rennen über die Olympische Distanz findet am 30. Juli auf den Straßen Paris‘ statt. Um 08:00 Uhr morgens geht es für den Mann von den SSF Bonn vom Startponton an der Pont Alexandre III in der Seine ins olympische Rennen der Männer. 

Wahl-Bonner geht optimistisch in den bisherigen Höhepunkt seiner Karriere

Es heißt nicht umsonst, dass eine verpatzte Generalprobe für eine gelungenen Premiere sorge. Insofern ist es zwar ärgerlich für Lasse Lührs von den SSF Bonn, dass er beim WTCS-Rennen im italienischen Cagliari nach einem Raddefekt aufgeben musste, aber somit hat er dieses Malheur in 2024 hinter sich gebracht und darf optimistisch auf sein nächstes Rennen über die Olympische Distanz schauen. Dieses findet am 30. Juli auf den Straßen Paris‘ statt. Um 08:00 Uhr morgens geht es vom Startponton an der Pont Alexandre III in der Seine ins olympische Rennen der Männer. 

„Für mich ist schon ein großer Traum in Erfüllung gegangen“, ordnet Lührs seine Qualifikation für die Olympischen Spiele ein. „Es fühlt sich sehr gut an, dass dies nun geklappt hat. Ein Olympiastart war von Beginn meiner Karriere an das Ziel. Das war eine sehr lange Reise, und diese hat nun einen vorläufigen Höhepunkt.“ Grundlage seines Olympia-Startplatzes war seine Top-Leistung beim WTCS-Finale 2023. In Pontevedra (ESP) hatte sich die gesamte Kurzdistanz-Elite versammelt und der 28-Jährige holte sich einen bärenstarken fünften Platz. Da er insgesamt im relevanten Qualifikations-Zeitraum konstant gute Resultate erzielte, erfüllt er ebenso das zweite Kriterium des Dachverbandes DTU. Im „World Triathlon Individual Olympic Ranking“ ist er als 13. gelistet, weil er in seinen letzten sieben Rennen in der WTC-Serie fünf Mal die Top Ten erreichte. Herausragend waren die Resultate in Leeds (Rang drei) und in Cagliari (Platz vier) in 2022. 

Verpasste Qualifikation für Olympia Tokio 2020 ein entscheidender Wendepunkt

Vor die erfolgreiche Zeit ab 2022 hatte der Triathlongott dem früheren Junioren-Europameister (2015 in Genf) allerdings einige Steine in den Olympiaweg gelegt. Tokio 2020 stand schon auf der Wunschliste von Lührs, aber „das Jahr 2021 war die mit Abstand schlechteste Saison meiner Karriere“. Eigentlich waren die Voraussetzungen geschaffen. Der gebürtige Niedersachse war Zweiter im deutschen Olympia-Ranking, verpasste aber letztlich die Qualifikation. „Das war sehr enttäuschend, zumal ich mit meinen Vorleistungen in der Theorie den zweiten deutschen Startplatz gesichert hatte“, erinnert er sich zurück. Damals lebte und trainierte Lührs in Alicante. Dorthin hatte es ihn 2016 gezogen. In der spanischen Hafenstadt an der Costa Blanca studierte er BWL und schloss sich einer internationalen Trainingsgruppe um Trainer Roberto Cejuela an.

Aus dem verpatzten Jahr zog Lührs dann für den aktuellen Erfolg elementare Rückschlüsse. „Rückblickend haben wir Fehler in der Vorbereitung und der Trainingsteuerung gemacht. Daher fehlten mir manche Grundlagen für die Saison und das holt man nicht mehr auf, wenn man in den Wettkämpfen steckt.“ Da das private Schicksal ihn während seiner Zeit in Spanien eine Bonnerin kennen und lieben lernen ließ, endete die Analyse mit dem Umzug an den Rhein. „Ich hatte das Gefühl, dass ich einen neuen Reiz brauche, so dass ich einen Cut gemacht und mich entschlossen habe, nach Bonn zu ziehen.“ Dies ging einher mit einem neuen Team, dem seitdem das Trainer-Duo Christoph Grosskopf und Dan Lorang und der befreundete Physiotherapeut David Cornely angehören.

Eine dritte Entscheidungssäule für den Wechsel in den Bereich des NRWTV kam durch die Coronapandemie zustande. „Speziell 2020 und 2021 war ich viel in Bonn, da Spanien komplett im Lockdown war.“ So kam dann auch schnell der Kontakt zu Christoph Grosskopf und den SSF Bonn zustande. „Im Gegensatz zu Spanien konnte ich in Deutschland recht problemlos Radfahren und Laufen. Die Schwimmbäder waren zwar zu, aber das war auch in Spanien nicht anders.“

Beste Trainingsbedingungen in Bonn und am Landesstützpunkt des NRWTV

Die guten Trainingsbedingungen in seiner neuen Wahlheimat waren Lührs somit bekannt. Seine Radausfahrten führen in meistens in die Eifel, das Laufen kann er bestens entlang der Flüsse Rhein und Sieg gestalten und die Trainingseinrichtungen am Bonner Landesstützpunkt für Triathlon des NRWTV mit einem 50 Meter-Schwimmbad im Sportpark Nord sowie einem Kraftraum tragen ihr Übriges zu einem sorglosen Triathletenleben bei.

Hinzu gesellt sich der positive Umstand, dass der künftige Olympionike manche Trainingseinheiten mit seinen Teamkollegen aus dem Bundesliga-Team der SSF gestalten kann. Denn konsequenterweise schloss er sich auch der Erstliga-Mannschaft in der ehemaligen Hauptstadt an. In seltenen Fällen findet sein Training auch mit den in Bonn ansässigen Nachwuchstalenten des NRWTV statt.

Potsdam – Alicante – Bonn – Paris 

Der Schritt ins drittgrößte Bundesland der Republik hat sich für Lührs also definitiv ausgezahlt. Die Zusammenarbeit mit den neuen Trainern klappte zudem von Anfang an. „Das Kennenlernen und Aneinandergewöhnen funktionierte deutlich schneller, als wir gedacht hatten“, freut er sich. Da die Spiele in Tokio erst 2021 ausgetragen worden waren, startete im Mai 2022 die Qualifikationsphase für Paris. Im verpatzten 2021 hatte Lührs wenige Punkte für das Ranking der International Triathlon Union (ITU) gesammelt. Somit musste er sich erst einmal wieder in die Lage bringen, bei den bedeutenden und für Olympia relevanten Rennen auf die Startliste zu kommen. Auch dies klappte schneller als erhofft: Europacup in Melilla (ESP), Rang fünf; Europacup in Caorle (ITA), Rang zwei; Weltcup in Arzachena (ITA), Rang neun, WTCS in Leeds (GBR), Rang drei. Trabajo realizado. Job erledigt, und Lührs war wieder komplett im Soll und im Olympiarennen. „Die Umstellung hat voll gefruchtet. Ich hatte auch schnell vollstes Vertrauen in beide Trainer und weiß, wenn ich umsetze, was im Plan steht, ist das der beste Weg. Das ist ein tolles Gefühl.“ Der weitere Weg, möglichst zu einer Olympia-Medaille, wird zwar kein leichter sein, er wird vielmehr steinig und schwer, aber mit seinen Teammitgliedern weiß Lührs sich einig.

Begonnen hat die konkrete „Road to Paris“ im Winter. Im Dezember war der DTU-Kader zwei Wochen auf Fuerteventura. Im Januar genoss Lührs seine Heimatstadt und setzte verstärkt aufs Schwimmen. Im Februar ging es nach Namibia, wiederum mit dem Dachverband und für vier Wochen. Eifel, Rhein, Sieg und Sportpark Nord hießen und heißen die weiteren Trainingsdestinationen. Es folgt noch ein Höhen-Trainingslager in Livigno in den italienischen Alpen, der Start beim Heimrennen in Hamburg am 13. und möglicherweise 14. Juli und dann geht es am 27. Juli in die französische Hauptstadt. 

Den Frankreich-Tripp wird er zusammen mit den Bundestrainern Thomas Moeller und Louis Delahaye sowie seinen deutschen Teamkolleg*innen Nina Eim, Laura Lindemann, Lisa Tertsch, Tim Hellwig und Jonas Schomburg bestreiten. Erster Anlaufpunkt ist ein Hotel, am 30. Juli folgt das Einzelrennen, der mögliche Teamwettbewerb am 5. August. Nach dem Einzelrennen geht es ins Olympische Dorf, und auch darauf freut sich der „Bonner“ sehr. „Da bleibe ich bis zum Olympiaende. Wir haben das Glück, spät im Zeitplan zu stehen, da man nur bis zu drei Tage nach dem Wettkampf im Dorf bleiben darf. Daher werde ich ziemlich sicher bei der Abschlussfeier dabei sein.“

Lührs hat drei Favoriten-(Gruppen) für Olympia

Vor diese Feier haben die Olympiaplaner indes die Wettkämpfe terminiert. Beim Test-Event wurde Lührs 30. und war von der Strecke enttäuscht. „Der Kurs ist flach, auch technisch nicht sonderlich anspruchsvoll. Er ist aber schon beeindruckend ob der Sehenswürdigkeiten, die man passiert.“  Diese will er sich indes nicht während der Runden am 30. Juli ansehen und hat auch relativ klare Vorstellungen, wer seine Favoriten sind und was die eigene Zielsetzung angeht. „Favoriten sind die Franzosen, weil die alle gut schwimmen können. Wenn die sich einig sind und zusammenarbeiten, wird es schwer, mögliche Lücken wieder zu schließen. So die vorne vom Rad absteigen, werden die kaum zu schlagen sein“, lautet Prognose Nummer eins. „Alex Yee ist auch einer der Favoriten, weil der einfach der schnellste Läufer ist“, hält er vom Engländer ebenfalls viel in Prognose Nummer zwei. „Ich bin der nächste Favorit, den ich nennen möchte. Das Ziel ist eine Medaille“, sagt er selbstbewusst in Prognose Nummer drei. „Ich weiß, da bin ich nicht der einzige und es muss alles zusammenpassen, damit das klappt. Aber in Pontevedra waren alle Top-Leute am Start und ich wurde Fünfter trotz leichter Probleme im Winter 22/23.“ Da dieses Jahr alles reibungslos verlaufen und der Winter sehr gut durchgelaufen sei, gehe da noch was. „Eine Medaille ist ambitioniert, aber nicht komplett unrealistisch.“

Nur wenig wirkliche Gedanken macht sich Lührs zum Teamrennen. „Wir sind aktueller Weltmeister und gehören somit auch zu den Mitfavoriten. Die Zusammensetzung wird aber erst nach den Einzelrennen entschieden. Die offizielle Vorgabe lautet: ‚Trainerentscheidung‘. Das lasse ich auf mich zukommen.“ 

Hoffnung auf ein Wiedersehen mit „alten“ Alicante-Bekannten

In Paris hofft der Hobbykoch, auch alte Weggefährten aus Alicanter Zeiten wiederzutreffen. Gelegentlich fliegt er gen Spaniens Südost-Küste und trifft sich mit seiner zweiten Familie in der alten Heimat. „Das passt leider zu selten in meinen Plan, aber ich versuche, es regelmäßig einzurichten.“ In und an der Seine könnte er David Cantero und Roberto Sanchez begegnen beziehungsweise sie im Ziel in Empfang nehmen. „Ob die beiden mit von der Partie sein werden, ist noch unklar. Die Spanier haben noch Qualifikationskriterien aus der Gomez- und Mola-Ära“, erklärt er mit ein wenig Mitleid für seine Freunde. Javier Gomez zählt zu den besten Triathleten aller Zeiten und Mario Mola ist ITU-Weltmeister Triathlon der Jahre 2016, 2017 und 2018 und einer der schnellsten Läufer der Kurzdistanzgeschichte.

Letztgenannter war übrigens mal ein Bundesliga-Teamkollege von Lührs in Buschhütten. Somit hat der Wahl-Bonner schon eine NRW-Vergangenheit vor seinem Umzug vorzuweisen. Nachholbedarf besteht allerdings mit Bezug auf Starts im einwohnerstärksten Bundesland. Buschhütten, Düsseldorf (samt Deutscher Meister-Titel 2018), Verl (samt Deutscher Junioren-Meister-Titel): So lautet die traurige Bilanz. „Vielleicht passt der Bonn Triathlon ja demnächst mal in den Plan“, entschuldigt er sich mit einem Lächeln. 

Glänzendes Koch-Menü und glänzendes Edelmetall für die Familie und Freunde?

Bis zum Höhepunkt seines sportlichen Lebens entspannt Lührs neben dem Training auf der Couch, wo er vornehmlich zu Lesestoff greift. Gerne trifft er sich auch mit Freunden in einem Kaffee oder lädt sie zu sich zum Essen ein. „Ich bin kein Spitzenkoch, aber ich mache mir schon Gedanken zum Essen und koche gerne.“ Inspiriert durch die Frau Mama, Kochbücher, die spanische Küche oder auch einfach unbekannte Nahrungsmittel im Supermarkt, tischt Lührs gerne auf. 

Somit wird er sicherlich nach der Rückkehr aus der Stadt der (Triathlon-)Liebe auch wieder laden und seinen Gästen nicht nur ein glänzendes Menü, sondern möglichst auch glänzendes Edelmetall kredenzen dürfen.

(Fotos: triathlon.org)

Lasse Lührs 2024

Foto: Dennis Glaubach (DennisGlaubach@web.de)

Lasse Lührs 2024

Foto: Dennis Glaubach (DennisGlaubach@web.de)